Deutsche Spuren entlang der Donau - reisen, begegnen, erleben
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Sânnicolau-Mare/Großsanktnikolaus (ungarisch Nagyszentmiklós, serbisch Weliki Semiklus) hat ungefähr 12.000 Einwohner und ist seit der Wende 1989 ein starkes Wirtschaftszentrum im Westen Rumäniens.

Im Mittelalter gründeten Benediktinermönche entlang des Maroschtals Niederlassungen. In unmittelbarer Nähe von Großsanktnikolaus befand sich das große Benediktinerkloster Egresch/Igriş und der Bischofssitz von Tschanad/Morisena, eine Stiftung des später heiliggesprochenen Mönchs und Märtyrers Gerhard. Er war der Erzieher König Stephan I., dem ungarischen Reichsgründer.

Bis ins 18. Jahrhundert bestand die Bevölkerung vorwiegend aus Rumänen und Serben, die hier Viehzucht betrieben. In den Jahren bis 1756 ist die Besiedlung der „Deutschgemeinde“ von Großsanktnikolaus („Deutsch-Sanktnikolaus“) urkundlich belegt. Aus den deutschen Gebieten kamen vorwiegend Bauern und Handwerker.

Die größte Bevölkerungsgruppe stellten die Rumänen, die Mitte des 18. Jahrhunderts von einem griechischen Brüderpaar Christoph und Cyrill Nako hier angesiedelt wurden. Die aus Griechisch-Mazedonien stammenden Nakos waren über Generationen als Lieferanten der türkischen Heere reich geworden. Ab 1718 belieferten sie das Habsburger Heer und wurden so Lieferanten des Wiener Hofs.

Der Komponist und Pianist Béla Bartók (1881 bis 1945) stammt aus Großsanktnikolaus. Sein Vater unterrichtete dort als Lehrer an einer Ackerbauschule. Wiederholt kam Bartók in seinen Heimatort zurück, um Eindrücke für seine Kompositionen zu sammeln.

Das Nakó-Kastell, das Wahrzeichen der Stadt, wurde 1864 errichtet. Hinter dem Kastell war ein dendrologischer Park, von dem nur noch zwei alte Gingko Biloba-Bäume vor dem achteckigen Turmzimmer des Kastells übrig geblieben sind. Im Kastell sind heute das Béla Bartók-Museum und das Kulturhaus untergebracht. Im Foyer des Kastells kann man Ölgemälde des Banater deutschen Künstlers Franz Ferch anschauen.

1965 wurde in Großsanktnikolaus eine deutsche Lyzeumsabteilung gegründet. Viele Kinder aus schwäbischen Ortschaften der Umgebung waren in dieser Schule untergebracht. Unter dem entscheidenden Einfluss der Deutschlehrerin Dorothea Götz, bildete sich gegen Ende der 1960er Jahre an dieser deutschen Abteilung eine Gruppe junger Literaten heraus, deren Kern die spätere „Aktionsgruppe Banat“ bildete, auf die sich die Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller berief. Die „Aktionsgruppe Banat“ galt trotz ihrer Kurzlebigkeit von nur drei Jahren in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts als einflussreichste literarische Bewegung Rumäniens.

Heute leben in Großsanktnikolaus nur noch einige Hundert Deutsche.



LINKS: Die imposante römisch-katholische Kirche von Großsanktnikolaus, eine Stiftung des Grafen Alexander I. Nakó ist zwischen 1814 und1824 errichtet worden.

RECHTS: Die serbisch-orthodoxe Kirche im Wiener Barockstil mit Innenausmalung des bekannten Banater Ikonenmalers Ioan Zaicu.



LINKS: Im Kirchhof steht eine der ältesten Banater Statuen des Heiligen Johannes von Nepomuk, der seit 1716 Schutzheiliger des Banats ist.

RECHTS: Gedenktafel an dem Geburtshaus des bekannten Banater Chirurgen, Dr.med. Hans Röhrich, der an der Medizinischen Hochschule Temeswar die Thoraxchirurgie eingeführt hat.


Das Nakó-Kastell, das Wahrzeichen der Stadt, 1864 errichtet.