Auf das nach der türkischen Herrschaft entvölkerte Gebiet kamen 1786 wieder die ersten Ansiedler. Viele folgten dabei dem Aufruf des Fürsten Anton Grassalkovich II. Die ersten dieser Bewohner stammten zum Großteil aus umliegenden schwäbischen, zum kleineren Teil aus ungarischen und slowakischen Dörfern. Der prozentuale Anteil der Deutschen in der Bevölkerung wurde mit den Jahren immer größer, und so konnte Vecsés (deutsch Wetschesch) bald als „deutsches Dorf“ bezeichnet werden. Die Siedlung bekam 1797 einen eigenen Pfarrer und eine deutschsprachige, katholische Schule. Nach dem Bau der Eisenbahnlinie im Jahr 1847 nahm die Zahl der Einwohner ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in bedeutendem Umfang zu. Die neuen Ansiedler waren hauptsächlich Ungarn. Der Teil des Dorfs, der vorwiegend von Deutschen bewohnt wurde, hat seine alte Atmosphäre bewahrt. Die deutschen Nachkommen bildeten bis zur Vertreibung eine zusammenhaltende Gemeinde.
Der Wohlstand der Landwirte von Wetschesch wurde durch die Nähe zur Hauptstadt gefördert, wo sie einen Markt für ihre Produkte hatten. Die Bauern hatten sich auf Gemüseproduktion spezialisiert, besonders auf den Anbau von Kraut. So brachen etwa in den Jahren um 1920 frühmorgens regelmäßig rund 400 vollgepackte Gespanne mit frischem Gemüse, Milch usw. zu den Märkten in Budapest auf. Anfangs wurde das Kraut mit Handhobeln feingeschnitten, in Holzfässern gesäuert und mit großen Steinen gepresst. Sogar nach der Gründung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften in den 1960er Jahren hielt sich das Krautsäuern, denn die Familien wirtschafteten auf ihren ein Joch großen Privatfeldern weiter.
Das Sauerkraut ist seit langem das berühmteste Produkt der Landwirte von Wetschesch und bietet vielen Menschen auch heutzutage noch einen sicheren Lebensunterhalt.
Im Januar 1945 begann die Verfolgung der Deutschen. Aus Wetschesch wurden 327 Bürger zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt. 1946 wurden ca. 1.500 Personen aus ihrem Heimatdorf vertrieben und nach Deutschland umgesiedelt. An ihre Stelle traten Agrarproletarier aus der Tiefebene sowie aus der Tschechoslowakei vertriebene Ungarn.
Erst in den Jahren nach 1990 wurde es möglich, die deutschen Traditionen wieder zu beleben. Als Erbe und Tradition der deutschen Einwohner sind die Blaskapelle, die Herstellung von Sauerkraut und der Umzug zu Fronleichnam geblieben. An Fronleichnam stellen die Gläubigen am Weg der Prozession vier Altäre auf und schmücken den Weg mit bunten Blumenteppichen.
Seit über 20 Jahren besteht eine Partnerschaft zwischen Rheinstetten und Wetschesch.
Heimatmuseum
Das Heimatmuseum, das am 65. Jahrestag der Vertreibung der Deutschen eröffnet wurde, gibt einen Einblick in die Lebenswelt und Traditionen der Deutschen um 1930. Das Museum befindet sich in einem Haus, das Johann Berger und seine Frau um 1930 bauen ließen. Die Familie Berger wurde 1946 nach Deutschland vertrieben. Die späteren Inhaber haben das imposante Gebäude im Originalzustand erhalten.
Wissenswertes
Heimatmuseum
Adresse: Jókai Straße 6
Öffnungszeiten: nach Absprache.
Telefon: 0036-20-517-6913 Horváth Ferencné
0036-30-955-7585 Frühwirth Mihály
0036-20-460-0098 Brunner Krisztina
0036-30-649-4540 Tófalvi Mónika
Die Ausstellung im Heimatmuseum erinnert an die sich verbürgerlichende Bauernwelt. Die wohlhabende Landwirtfamilie hat – dem Geschmack der Zeit entsprechend – den Wohntrakt aus Ziegelsteinen gebaut, an die Stelle eines früheren Gebäudes. Nur der hintere, landwirtschaftliche Teil wurde gelassen, was auch durch die Stampfwand der Kammer noch bezeugt wird.
Das in Wetschesch angebaute Kraut machte das Dorf in ganz Ungarn bekannt.
Die Tscharda Cifra (früher Tauben Kobe) ist das älteste Gebäude der Siedlung. Gegenüber liegt die um 1800 erbaute und im Zweiten Weltkrieg zerstörte Kirche.
Stube im Heimatmuseum.
Das Heimatmuseum zeigt das traditionsreiche Leben der deutschen Einwohner um 1930.
Krautfest
Das erste Krautfest wurde am 30. September 2001 veranstaltet, als Wetschesch zur Stadt ernannt wurde. Im Programm standen ein Kochwettbewerb aus Krautspeisen und ein Sauerkrautwettbewerb, die seitdem zur Hauptattraktion der Feste wurden. Beim zweiten Krautfest kam es schon zu einer „Krautkonferenz“ und beim dritten Fest wurde die Veranstaltung international, denn es kamen Gäste aus Österreich, Deutschland, Polen, Frankreich und aus Peru. Das Krautfest wird jedes Jahr im September veranstaltet. Der Tag beginnt mit einer Erntedank-Messe und dem Erntesegen in der Kirche. Dann folgen auf der Hauptstraße ein Festzug der Krauthersteller und bunte Kulturprogramme nebst Produktverkauf und Ausstellungen.
Bei der Heiligen Messe wird auch das folgende alte deutsche Lied gesungen:
Ackersleute wir Dich Preisen,
Schöpfer unser aller, Gott;
Dir wir unsre Lieb beweisen,
Denn nur Du hilfst in der Not.
Du allein schütz‘st in Gefahren
Uns vor Unglück, Angst und Leid
Durch dein‘ Engel uns bewahren,
Dir sei Dank zu jeder Zeit
Haue, Egge und Pflugeisen
Hast als Werkzeug uns bestimmt,
Um die Erde aufzureißen,
Wo für uns dein Segen glimmt.
Auf der Flur zu Dir wir schreien,
Lohne unsern Schweiß und Müh‘,
Unsrer Arbeit gib Gedeihen,
Gib der Aussaat reiches Blüh’.
Deine Allmacht wir bewundern,
Toten Samen säen wir aus,
Und nach wenig Tagesstunden
Kommt der Grüne Halm heraus;
Leblos stehet die Weinrebe
Durch die raue Winterszeit,
Aber bald im Frühlingswege
Wacht sie auf mit Heiterkeit.
Strudelessen
www.wetschesch.hu/de/node/132
Das Strudelessen war bis zu den 1950er Jahren ein bekanntes Brauchtum in Wetschesch. Nach den mehrtägigen Faschingsbällen kam es am Aschermittwoch zum „Strudelessen“. Die jungen Männer zogen in Begleitung einiger Musikanten oder eines Harmonikaspielers von Haus zu Haus, in dem ein Mädchen wohnte. Wie bei einem Hochzeitszug. Ein Bursche wurde als Braut, einer als Bräutigam verkleidet. Bei jedem Haus wurden sie mit frischgebackenem Strudel bewirtet. Sie kosteten den Strudel und nahmen dann die Mädchen mit. Nach diesem Umzug gingen alle gemeinsam zum Wirtshaus und begruben dort bei einer Tanzveranstaltung den Fasching.
In der Organisierung der Deutschen Nationalitäten Selbstverwaltung wird seit 2003 an diesen Brauch erinnert. Zu diesen Anlässen geben die Kindergartenkinder und die Schulkinder immer ein kleines Kulturprogramm. Mit Szenen, die an den Brauch des Strudelessens anknüpfen, mit Musik und Tanz (vor allem aus Wetschescher Sammlung). Natürlich werden zum Fest auch die verschiedensten traditionellen Sorten von Strudel gebacken. Am Abend spielt dann eine Blaskapelle zum Ball auf.
Eierlaufen
www.wetschesch.hu/de/node/133
Eine seltene alte Tradition, die in Wetschesch noch gepflegt wird, ist das Eierlaufen. Das Eierlaufen wird am Ostermontag in der Új utca (Nehi Kosn), der heutigen Jókai Mór Straße veranstaltet. Für die gute Stimmung sorgt eine Blaskapelle.