Deutsche Spuren entlang der Donau - reisen, begegnen, erleben
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Charlottenburg ist die einzige dörfliche Rundanlage auf rumänischem Territorium. Sie wurde deshalb vom Bukarester Ministerium für Kultur und Kulturgut unter Denkmalschutz gestellt. Als Runddorf ist die Siedlung allerdings nicht ohne weiteres erkennbar. Auch nicht, wenn man sich bei der Anfahrt urplötzlich bei der Kirche in der Dorfmitte wiederfindet. Erst aus der Luft ist die auf dem Reißbrett entworfene Rundform Charlottenburgs klar zu erkennen. Erhalten sind übrigens die wahrlich ästhetisch ausgeführten, barocken Anlagepläne des Runddorfs.

Charlottenburg, auch „Şarlota“, „Baricza“, „Bariţa“, „Charlotenburg“, „Saroltavár“ oder – in banatschwäbischem Ortsdialekt – „Schalotteporch“, wurde 1771 mit 32 Kolonistenfamilien aus dem Südtiroler Trentin (Welschtirol), aus Lothringen und dem heutigen Baden-Württemberg besiedelt. Ein erster Ansiedlungsversuch war Anfang des 18. Jahrhunderts durch eine Pestepidemie beendet worden. Seinen Namen hat der Ort von der Tochter oder der Frau (Charlotte/Charlote) des Grafen Karl von Clary und Altringen/Aldringen, seinerzeitig kaiserlicher Gouverneur des Banats. Nachdem die Ortschaft in der nationalkommunistischen Zeit Rumäniens zu „Şarlota“ rumänisiert wurde, erhielt sie – trotz völliger Auswanderung der einst hier lebenden Deutschen – nach der Wende wieder den Namen Charlottenburg, unter dem sie auch auf neuen Karten zu finden ist.

Alle Bevölkerungszählungen bis 1880 ergaben, dass Charlottenburg ein rein deutsches Dorf war. Erst 1880 tauchten erstmals 32 Rumänen und 32 Ungarn auf, neben den 234 Deutschen. In den darauf folgenden 50 Jahren gab es keine einschneidenden Veränderungen in der Zusammensetzung der Bevölkerung. Ab 1930 sank die Zahl der Deutschen. Dafür lebten in Charlottenburg immer mehr Rumänen und einige Ungarn. Im Jahr 2002 war noch ein Deutscher in der Ortschaft.

Die ursprüngliche barocke Runddorf-Anlage sah inmitten des Dorfes einen Trinkwasserbrunnen „mit gutem Trinkwasser“ vor, darum herum einen Hain aus Maulbeerbäumen. Interessant für die Säkularisierungszeit unter Joseph II: Der Trinkwasserbrunnen ersetzte die sonst bei den Habsburgern obligate römisch-katholische Kirche. Später wurde an diesem Platz aber doch noch eine Kirche gebaut.

Einige der Maulbeerbäume auf dem heutigen Platz in der Mitte des Dorfes könnten noch aus der Ansiedlungszeit stammen.

Einschneidend für die kleine deutsche Gemeinschaft war die Nacht vom 15. zum 16. Januar 1945: 22 Deutsche im arbeitsfähigen Alter wurden in die Sowjetunion deportiert. Bis Weihnachten 1949 waren 16 zurückgekehrt.

Erst 1964 kam die „Lampe des Ilitsch“, wie die Elektrifizierung seinerzeit genannt wurde, auch ins letzte Haus von Charlottenburg. 1980 wurde in der hiesigen Schule der Unterricht von Deutsch als Muttersprache eingestellt. Das Dorf wird seit einigen Jahren für ein Touristensegment interessant, das im naheliegenden Laubwald auf Jagd gehen kann - nachdem dieser aus Eichen und Buchen bestehende Wald als erster Jagd-Wildgarten Rumäniens eröffnet wurde.


Der barocke Anlageplan des „Runddorfs“ Charlottenburg.



LINKS: Maulbeerhaine wurden in der letzten Periode der Ceauşescu-Zeit angelegt, um dorfnah die Fütterung der Seidenraupen mit Maulbeerblättern zu ermöglichen.

RECHTS: Einige der verbliebenen Bäume des 1771 gepflanzten Maulbeerhains rund um den Trinkwasserbrunnen in der Dorfmitte.



Die Abzweigung aus Maşloc/Blumenthal, die auf das denkmalgeschützte Dorf Charlottenburg hinweist.