Das Dorf Györköny (deutsch Jerking) liegt im Komitat Tolnau. Anfang des 18. Jahrhunderts siedelten sich hier serbische Familien an, die aber nur ein paar Jahre blieben. Die Flurnamen „Ratzeloch“, „Ratzeacker“ und „Ratzekaß“ erinnern noch heute an die Anwesenheit der „Raitzen“.
Das Kirchenbuch der evangelischen Gemeinde ist seit 1718 in Gebrauch. Ab 1720 enthält es auch deutsche Familiennamen. Laut Überlieferung waren die ersten Deutschen sogenannte „Heidebauern“ aus den westungarischen Komitaten Moson und Sopron. Ursprünglich sollen sie aus dem Salzburger Land nach Ungarn gekommen sein, wo sie wegen ihrer evangelischen Konfession bedrängt wurden. Zu ihnen gehörte auch der 1720 in Jerking verstorbener Georg Rudolf. Neben seinem Namen steht im Matrikel: „Er stammt aus Österreich, wurde wegen seiner Konfession landflüchtig, und siedelte sich bei uns an.“
Der Grundherr des Dorfes brachte in den 1720er Jahren evangelische Deutsche aus Hessen hierher. Laut örtlicher Überlieferung kamen die Deutschen 1725 in das Komitat Tolnau. Ihr Weg führte aus Norden hierher. So kamen sie mit ihren Pferdewagen zunächst nach Bikács, wo etliche Kolonisten dann auch blieben. Die anderen fuhren weiter nach Süden. Der Sage nach brach in Jerking das Rad eines Fuhrwerks, worauf die Kolonisten sich hier ansässig machten. Diese Geschichte sollte auch die Verwandtschaft zwischen den Bewohnern der beiden Gemeinden deutlich machen. Tatsächlich war die Reihenfolge aber umgekehrt: Zuerst wurde Jerking und später, ab 1730, dann Bikács bevölkert.
Die zwei deutschsprachigen evangelischen Gemeinschaften von Jerking konnten sich nicht miteinander anfreunden. Untereinander wurde nicht geheiratet und in der Kirche saßen sie voneinander getrennt. Im Dorf bewohnten sie jeweils „eigene“ Straßen.
Nach der Ankunft der ersten Hessen zog ein Teil der Ungarn nach Sárszentlőrinc um, wodurch die Deutschen zur Mehrheitsbevölkerung wurden.
Jerking bot die „vier W“, also genau das, was die Ansiedler für ihre Niederlassung suchten: den Wald, das Wasser, die Weide und den Weinberg. Die Bevölkerung lebte zwei Jahrhunderte lang überwiegend von Landwirtschaft und Weinbau. Die größte Einwohnerzahl hatte Jerking 1900 mit 2.749 Bewohnern. Diese Zahl sank aber bald, da die große Auswanderungswelle nach Amerika auch hiesige Familien erfasste.
Nach 1945 wurden etwa 1.000 Deutsche aus Jerking vertrieben. In deren Häusern siedelte die ungarische Regierung Magyaren an, die aufgrund der Beneš-Dekrete aus der Tschechoslowakei vertrieben worden waren. Zudem kamen mehrere Dutzend Familien aus östlichen Regionen Ungarns in das Dorf.
Jerking bietet zwei Sehenswürdigkeiten mit ungarndeutschem Bezug. Das eine ist das Heimatmuseum, in dem Zeugnisse der örtlichen Wohnkultur und des Handwerks sowie historische Volkstrachten präsentiert werden.
Die andere Sehenswürdigkeit ist das Weinkellerviertel. Ende des 19. Jahrhunderts, als in der Gegend etwa 1.000 ha Grund für Weinbau genutzt wurden, befanden sich hier 420 Keller.
Es ist ein schönes und bleibendes Erlebnis, einen Spaziergang zwischen den einheitlichen Fassaden der Weinkeller zu unternehmen – am besten in Verbindung mit einer Weinverkostung.
Früher Morgen im Weinberg.
Fassaden der Weinkeller.
Nach der Vertreibung brachen viele der herrenlosen Keller zusammen, was die vielen Lücken in der heutigen Reihe der Weinkeller erklärt.
Tipps und Events
Heimatmuseum
Kossuth Lajos Straße 325, 7045 Györköny
Telefonnummer: + 36 (06) 75 552 007
Eine Besichtigung ist nach Terminvereinbarung möglich.
Das Gebäude wurde um 1900 gebaut. Das Haus hat gestampfte Lehmwände, ein Schilfdach und kleine Straßenfenster.